Heimat:Habitate 2021/2022.
für mobile Insekten-, Menschen- und Instrumentalstimmen und ihre elektronischen Anverwandlungen.
Paul Hübner, Trompete, Rie Watanabe, Perkussion, Ars Fiati Kammerchor, sechzehn mobile Lautsprecher
radiophone Fassung, Wittener Tage für Neue Kammermusik 2021
Schwesternpark Witten, Wittener Tage für Neue Kammermusik 2022
"Das Große im Kleinen" darzubieten war das Anliegen bei der Gestaltung des Schwesternparks in Witten, der zwischen 1906 und 1915 auf einer ehemaligen Schlackenhalde auf dem Gelände eines evangelischen Krankenhauses angelegt wurde. Die einzelnen Gartenareale sollten an die "Heimat" der im Krankenhaus arbeitenden Diakonissinnen erinnern. Diese Gärten bieten heute immer noch die Habitate der hier beheimateten Insekten. Schmetterlinge, Bienen, Fliegen, Ameisen, Käfer, Heuschrecken, Wanzen, Läuse ... - viele Insekten sind klein und agieren im Verborgenen. Sowieso sind 50% der Insektenspezies uns Menschen wahrscheinlich noch unbekannt, obwohl sie für das Ökosystem von entscheidender Bedeutung sind: das Kleine, das für das Große steht.
In einer situativen Komposition um den Teich am "Tiefental" werden Heimat und Habitat und eine imaginierte postanthropozentrische Sicht auf diese durch eine Verbindung von (archivierten) Insektenklängen und elektronischen Algoritmen thematisiert. Tatsächliche und spekulative Insektenklänge ertönen mehrkanalig aus 16 verteilten mobilen Lautsprechern, sie interagieren mit Instrumental- und Menschenstimmen und explorieren räumlich-akustisch das Teichareal im Park.
Kirsten Reese machte in Heimat:Habitat durch die kaum wahrnehmbare Verschränkung von „ortsansässigen“ und importierten, akustischen und elektronisch veränderten Naturklängen Fragen nach der Authentizität oder Konstruktion und menschlichen Gestaltung des vermeintlich unmittelbaren Naturerlebens erfahrbar. Sebastian Hanusa, Neue Zeitschrift für Musik 2/2022
Dank weiterer Installationen und konzertanter Aufführungen durchdrangen sich überall Natur-, Stadt- und Kunstklänge. Lokal konzentrierte sich diese lebensweltliche Polyphonie in Kirsten Reeses „Heimat:Habitate“ um einen Teich. Im hohen Gras verborgene Lautsprecher ließen akustisch augmentierte Insektenklänge hören, die sich mit diskreten Aktionen von Trompete, Schlagzeug und Menschenstimmen mischten und zufällige Allianzen mit überfliegenden Flugzeugen oder S-Bahnen eingingen, die unvermutet nah über einen hinter Büschen verborgenen Damm rauschten. Das alles ist Teil unserer Welt: Tümpel und vernetzter Globus. Rainer Nonnenmann, Musiktexte, Ausgabe 174, August 2022
... hatten Andrea Neumann mit Überspringen (einem choreographischen Konzert auf der Spielwiese) und Kirsten Reese mit Heimat:Habitate (einem elektronischen Insekten-, Menschen-, Wind- und Frosch-Konzert am Teich) auf höchst unterschiedliche Weise komplexe Interaktionen und Übergänge zwischen Natur- und Kunstlaut, Geräusch und Musik, Ambiente und Geschichte angepeilt, die exakt auf diesen innerstädtischen Garten zugeschnitten sind. Eleonore Büning, VAN Magazin,11.Mai 2022 https://van-magazin.de/mag/witten2022/