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the lightest words had the weight of oracles
für Fairlight CMI Synthesizer und E-Gitarre. 2014
UA 15.11.2014 Theaterhaus Stuttgart im Rahmen des SWR attaca Festivals
Eine Archäologie der Medien - Klangexperimente im 21. Jahrhundert
> VIDEO auf youtube https://www.youtube.com/watch?v=k7PBmJZMRjg
"Schillernde Klangflächen, faszinierende Obertonstrukturen und eine kluge Dramaturgie kennzeichnen dieses Werk."
Stuttgarter Zeitung 17.11.2014
Sebastian Berweck, Fairlight
Seth Josel, Gitarre
The lightest words had the weight of oracles besteht aus 11 kurzen Stücken.
> Mitschnitt 12.7.2015 Festival Heroines of Sound Radialsystem, Stücke 6-11
> Programmheft attacca-2014-stuttgart.pdf
Der Fairlight CMI (Computer Musical Instrument) wurde 1979 eingeführt und war der erste
digitale Synthesizer und Sampler. (Das Modell, an dem The lightest words entstand, ist von
1983). Das Instrument umgibt die Aura der fernen Frühzeit des Digitalen. Das Gerät wird mit
einem Lichtgriffel am Bildschirm bedient oder alternativ mit Buchstabenbefehlen über die
Tastatur. Beim Abrufen der so genannten "Voices" und "Instruments" von den 8-Zoll-Disketten
entstehen archaische Geräusche in den beiden Diskettenlaufwerken.
Neben dieser Aura faszinierte mich jedoch der Klang des Instruments. Trotz der im Vergleich
zu heutiger Klangsynthese und Sampling extrem geringen Datengrösse und Auflösung
der Sounds klingen sie auf ihre Weise "schön" (und auch ganz anders als analoge Synthesizer).
Bei der Arbeit erwies sich der Fairlight als ein extrem durchdachtes und vielfältiges Instrument:
differenzierte klangliche Manipulationen sind programmierbar, aber auch in Echtzeit
über Regler und die Keyboard-Tastatur steuerbar, die sich, ganz nebenbei, auch gut anfasst.
Die Tasten können mit verschiedenen Stimmungen skaliert werden usw. Zunächst fürchtete
ich eine im Vergleich zu modernen Computern umständliche Bedienung: Handbuch lesen,
Befehlskürzel eingeben, was sich teils auch bewahrheitete, wenn man beispielsweise bei
"Speichern als ..." beide Disketten entfernen muss, um dann die "Stimmen"-Diskette in das
Fach für die "System"-Diskette zu stecken, die Daten dort dann über Tastaturbefehle sichert
und schliesslich beide Disketten wieder in ihre angestammten Laufwerke schiebt. Im Vergleich
mit dem Options-Overkill eines modernen Computers, wo innerhalb von Sekunden unzählige
Manipulationen ausprobiert und tausende Versionen gespeichert werden können, stellt die
Funktionsweise des Fairlight eine grosse Beschränkung dar. Aber innerhalb dieser Beschränkung
tun sich unendlich viele Möglichkeiten auf. Wie bei jedem Instrumentarium geht es
letztlich auch hier um Differenzierung und Entscheidungen, um Querverweise im Material,
darum, ein System im System zu gestalten.
Darüber hinaus gehen mit dem Fairlight eine spezifische Klanglichkeit und spezifische
Möglichkeiten einher, die in seiner digitalen Funktionsweise begründet liegen und auf die ich
die Komposition aufgebaut habe. Klangliche Verfremdungen durch digitale Artefakte oder
grisseliges Rauschen im tiefen Register werden ebenso einbezogen wie Sprünge im Klang,wenn die polyphonen Möglichkeiten überschritten werden, die differenzierte Artikulation
am touch-sensitiven Keyboard ausgereizt und zugespitzt wird.
Bei der Klangsynthese am Fairlight werden bis zu 32 Obertöne jeweils einzeln mit dem
Lichtgriffel auf dem Bildschirm gezeichnet und so eine "Voice" genannte Klangfarbe erzeugt.
Ich habe mit den Obertönen jedoch keine homogenen Klangfarben erstellt, sondern kurze,
geloopte Floskeln erzeugt. Weil es keine Zeitkorrektur gibt, sind die tiefen Tonloops am
Keyboard wesentlich langsamer als die hohen und der Klang spreizt sich auf, von langsam
mäandernden Klängen in der Tiefe über quasi-melodische Einheiten in der Mitte bis zu kurzen
gesprazzelten Sounds in der Höhe. Daraus hat sich im Wesentlichen die Struktur des
Stücks entwickelt, und auch das Naive, Sprachähnliche leitet sich davon ab.
Die E-Gitarren-Stimme ist aus improvisiertem Material am Fairlight entstanden, und wurde
dann abgewandelt und weitergesponnen. Die Klangfarben der beiden Instrumente mischen
sich gut. Gelegentlich wird der ansonsten eher pur belassene Klang der E-Gitarre durch ein
digitales Effektgerät aus der Zeit des Fairlight verändert.
(Der Titel des Stücks leitet sich aus einer Zeile aus einem Reisebericht von Robert Lewis
Stevenson ab und verweist auf den Namen des Instruments "lightest words" - das leichte,
einfache in der Struktur der Klänge und ihrer digital-numerischen Zusammensetzung - die
uns vielleicht dennoch etwas, wenn auch nicht unmittelbar Verständliches, zu sagen haben.)
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